Neben der Hauptversammlung im Frühjahr veranstalten wir in der Regel im Herbst eine weitere Versammlung für alle Vereinsmitglieder. Im Gegensatz zur Hauptversammlung bei der viele formale Agendapunkte wie zum Beispiel die verschiedenen Berichte oder erforderliche Wahlen den Inhalt bestimmen, sind wir bei der Herbstversammlung bei der Themenwahl freier. Es hat sich daher bewährt, diesen Termin auch für einen Vortrag zu einem interessanten Thema zu nutzen.
Vortrag
Manuel Treder, der an der Landesanstalt für Bienenkunde arbeitet und dort seine Doktorarbeit schreibt, hat uns in einem sehr fundierten und engagierten Vortrag die Welt der Wildbienen und Biodiversität erläutert. Die Honigbienen mit ihren wenigen Unterarten bestimmen zwar die mediale Präsens, aber es gibt rund 20.000 Wildbienenarten weltweit, davon etwa 585 in Deutschland. Laut der Roten Liste sind rund 50% unserer Wildbienen vom Aussterben bedroht und was allgemein als Bienensterben benannt ist, ist eigentlich ein Wildbienensterben.
Wenn man weiß, dass rund 30% der Wildbienen oligolektisch sind, d.h. Pollen nur von einer Pflanze oder Pflanzengruppe sammeln und viele Wildbienen nur wenige hundert Meter Flugradius haben, dann erkennt man, wie wichtig es ist ausreichend viele und geeignete Habitate für Wildbienen zu schützen oder sogar selbst einzurichten. Nur etwa 5% der heimischen Wildbienen können die im Handel erhältlichen Nisthilfen nutzen, aber man kann auch einfach selbst Nisthilfen bereitstellen. Man kann z. B. in Hartholz 10 cm tiefe Löcher mit 3-9 mm Durchmesser bohren und die Front glattschleifen. An einem trockenen und nach Süden ausgerichteten Platz nehmen verschiedene Wildbienen dieses Angebot schnell an. Eine weitere einfache Nisthilfe sind vertikal stehende markhaltige Stängel. Man kann dazu ganz einfach Brombeerstängel nutzen und diese z. B. am Zaunpfosten befestigen. Wenn man sie in einen höheren Topf mit ungewaschenem Sand steckt, hat man zusätzlich sogar noch eine weitere Nistoption für bodenbrütende Arten geschaffen.
Genauso wichtig wie Nistmöglichkeiten ist ein möglichst durchgehendes Blühband. D.h. über den gesamten Jahresverlauf und die Lebenszyklen der verschiedenen Wildbienenarten soll Nahrung zur Verfügung stehen. Ein Schritt dazu kann auch sein, das Mähkonzept des eigenen Bienenstandes oder der Streuobstwiese anzupassen. Magerwiesen sind gut für alle Insekten. Mit einer Staffelmahd und dem Abführen des Schnittguts kann man die Diversität sehr gut unterstützen. Wer die Möglichkeit dazu hat, kann auch mit der Ansaat einer Blühwiese mit regionaler Saatgutauswahl oder mit einer gezielten Auswahl von Gehölzen einen wichtigen Beitrag leisten.
Interessante Links:
https://biova-leitfaden.de
https://lvg-zuflugsfinder.de/
https://www.rieger-hofmann.de
Der letzte Teil des Vortrags befasste sich mit der möglichen Konkurrenz von Honigbienen und Wildbienen. Hierzu werden hitzige Debatten geführt, aber ohne dass es dazu auch eine ausreichende wissenschaftliche Basis geben würde. Die LAB Hohenheim hat Untersuchungen an vier Standorten im Raum Esslingen durchgeführt und dazu wiederholt fünf Bienenvölker in ein Testgebiet hineingestellt und nach zwei Wochen wieder entfernt. Bei den Bonituren konnte festgestellt werden, dass beim Vorhandensein der Honigbienen rund 15% weniger Wildbestäuber auf den Pflanzen gezählt werden konnten. Offenbar gibt es diesen Effekt aber nur an Pflanzen, die stark von Honigbienen angeflogen werden. Dieser Effekt auf den Beflug ist aber schwach und zum Beispiel nicht vergleichbar mit dem Effekt von Mahd, Versiegelung, o.ä.
Schwierig in der Diskussion um die Konkurrenz ist die Pauschalisierung. Ja, es gibt einen Effekt, aber dieser ist schwach und es gilt immer, den Einzelfall zu beurteilen.